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Alte Zechen könnten wieder mit energievollem Leben erfüllt werden

Das „Zeitalter“ der Kohleförderung ist im Ruhrgebiet nun endgültig vorbei, wenngleich es dort nach wie vor immer wieder zu kleineren bergbauinduzierten Erdbeben kommt, die uns noch lange daran erinnern werden. Bei aller Sentimentalität schaut das Revier jetzt mutig nach vorne, sieht in den erneuerbaren Energien nicht einen Feind, sondern ganz im Gegenteil, eine Chance für die Zukunft. Diese könnte darin bestehen, aus dem Untergrund des Ruhrgebiets einen sehr besonderen Stromspeicher erstehen zu lassen: das erste Unter-Tage-Pumpspeicherkraftwerk der Welt. Und welche Zeche sollte sich dafür nicht besser eignen als jene mit dem klangvollen Namen „Prosper-Haniel“ in Bottrop.

Sie war immerhin die letzte aktive Zeche. Erst Ende des Jahres 2018 gingen dort die Grubenlampen für immer aus. Prof. André Niemann vom Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft an der Uni Duisburg-Essen geht aber dennoch von einer rosigen Zukunft gerade dieses Bergwerks aus. Er war es, der seit dem Jahre 2012 gemeinsam mit einem Team von den Universitäten Duisburg-Essen und Ruhr-Universität Bochum der Frage nachgegangen ist, ob sich dieser Schacht als unterirdisches Pumpspeicherkraftwerk nutzen lässt und die Analyse führte zu einem positiven Ergebnis. Nachdem schon die Machbarkeitsstudie grünes Licht signalisierte, hat nun der zweite Projektabschnitt angefangen.

Hermann-Josef Wagner leitet an der Ruhr-Uni Bochum einen Lehrstuhl für Energiesysteme und Energiewirtschaft. Er betont, dass gerade alte Zechenstandorte über ein hohes Maß an vorhandener und meistens noch weitgehend intakter Infrastruktur verfügen. Seit nunmehr über fünf Jahren arbeitet Prof. Niemann zusammen mit Prof. Wagner an einem Konzept zur Nutzung stillgelegter Bergwerke als Stromspeicher für regenerative Energien. Dabei befände sich das Unterbecken eben unter Tage und der Speichersee auf dem Zechengelände „über Tage“. Das Ganze wird dann in der Fachsprache als „Unterflur-Pumpspeicherkraftwerk“ bezeichnet, wobei die ehemaligen Kohleschächte wieder eine Energieträgerschaft übernehmen, allerdings nicht in rußigem Schwarz, sondern zur permanenten Versorgung der Bevölkerung mit sauberer Energie aus Wind und Sonne.

Mit der Kraft des Wassers drehen sich Turbinen

Unterwasser Ansicht

Ein Pumpspeicherkraftwerk ist dadurch gekennzeichnet, dass zwei Wasser-Reservoirs auf unterschiedlichen Höhen miteinander über ein Röhren- und Pumpensystem verbunden sind. Im thüringischen Oberlauf der Schwarza ist zum Beispiel im Jahre 2003 zwischen Scheibe-Alsbach und Goldisthal das bislang größte Wasserkraftwerk in Deutschland in Betrieb gegangen. Die Nennleistung dieser Anlage beträgt 1.060 Megawatt. Wenn bei starkem Wind oder intensiver Sonneneinstrahlung (zu)viel „Grüner Strom“ erzeugt wird, kann diese Energie für das Hinaufpumpen vom unteren ins obere Reservoir sinnvoll verwendet werden. Kommt dann eine Phase mit Strombedarf, zum Beispiel an einem windstillen Abend, lässt man das Wasser wieder durch die Röhren mit den Turbinen nach unten abrauschen.

In der (lokalen) Bevölkerung formiert sich aber meistens ziemlicher Widerstand gegen diese einfachen, sinnvollen Anlagen, da viele Menschen darin einen unangebrachten Eingriff ins Bild der Natur sehen. Immerhin wurde in Goldisthal zur Installation des Oberbeckens gleich die ganze Bergspitze abgetragen. Unter Tage, so die Hoffnung, hält sich der Protest vielleicht mehr in Grenzen. Jedenfalls lassen erste Umfragen erahnen, dass die Akzeptanz eines unterirdischen Speichers durchaus noch im grünen Bereich angesiedelt ist, denn an einem künstlichen See an der Oberfläche stört sich nicht die Mehrheit der Anwohner.

Was passiert dann unter Tage?

Über 500 Meter tief soll eine circa 15 Kilometer lange, nahezu kreisförmige Röhre installiert werden, die den unteren Speicher darstellen wird. Die vorhandenen Stollen direkt zu nutzen, das funktioniert leider nicht, da das umgebende Gestein mit seiner Porosität das Wasser mit der Zeit wie ein Schwamm aufsaugen würde. Störungssysteme würden zudem für ein Abfließen des Wassers in unbekannte Tiefen sorgen. Im Übrigen muss dort unten ohnehin noch mehr Platz geschaffen werden, da der untere Speicher ein Volumen von ungefähr 600.000 Kubikmeter aufweisen muss, damit die Anlage wirtschaftlich arbeiten kann.

Pro Sekunde werden schließlich 40 Kubikmeter Wasser durch die Turbinen schießen. Bei einer Fallhöhe von 500 Metern ist so eine Leistung von 200 Megawatt realisierbar. Die potenzielle Energie des oberen Sees entspricht in etwa 735.000 Kilowattstunden, diese zusätzliche Energiemenge (Anlagenkapazität) kann kurzfristig bei Bedarf ins Netz eingespeist werden. Sie entspricht in etwa dem Tagesbedarf von 80.000 Haushalten, also einer Stadt wie Castrop-Rauxel.

Natürlich kostet so ein Projekt viel Geld. Der marktübliche Strompreis befindet sich noch nicht auf dem Niveau, bei dem Investoren freudestrahlend ihr Geld in ein solches Projekt stecken möchten. Gerade die Speichertechnologie ist immer noch mit zu vielen Abgaben belegt, was mit Blick auf die politisch beschlossene Energiewende geradezu kontraproduktiv ist. Die RAG Steinkohle AG, allen voran die RAG Stiftung, die unter anderem die Bergbaufolgekosten zu tragen hat, kann und will das Projekt nicht finanzieren. Die Stadt Bottrop zeigt sich zwar schon willig, das Projekt zu unterstützen, aber die Landesregierung Nordrhein-Westfalen sowie die Energieversorger lassen noch ihre Bedenkenträgerschaft heraushängen.

Prof. André Niemann betont jedenfalls, dass es hier nicht nur um ein lokal begrenztes Geschäftsmodell geht, das möglichst schnell Gewinne abwerfen muss. Es geht vielmehr um den Export der Idee dieser Art von Energiespeicher, weil immer mehr Länder vom Ausstieg aus der Kohleförderung betroffen sein werden, nimmt man die Probleme des Klimawandels endlich eines Tages ernst.

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