„Flugscham“ ist jetzt scheinbar die neue Mode. Da fragt man sich, warum die Menschen nicht schon vor 40 Jahren auf diese Idee gekommen sind, denn an der Tatsache, dass Flugzeuge Schadstoffe und CO2 direkt in die empfindliche Stratosphäre blasen, hat sich so ganz plötzlich nichts geändert. Auf der Suche nach dem „Schuldigen“ am Klimawandel können die Aktivisten von Fridays for Future ihren kritischen Blick tatsächlich in viele Richtungen schwenken.
Dabei setzen sie alle auf die sozialen Netzwerke, um ihre Aktionen schnell, spontan, zahlreich und effizient zu koordinieren. Wer ist da nicht für modernen Fortschritt, und die totale Digitalisierung ist vermeintlich genau die richtige Grundlage dafür. Aber wird dies auch den hohen Umweltansprüchen der jungen Generation gerecht?
Ohne Strom nix los
Die Basis des Internets ist elektrische Energie. Dazu gehört gewiss auch das ständige Nachladen aller Handy-Akkus, aber nicht nur. Via Mobilfunkantennen werden die Daten zu den nächsten Servern geleitet, die allenthalben gleich in ganzen Server-Gebäuden über den gesamten Globus verteilt stehen. Und täglich kommen weitere davon hinzu. Die Rechner dieser Welt verbraten Unmengen an Strom, dagegen ist die Aluminiumindustrie ein Waisenknabe. Die Gier nach Daten und deren Übertragung wächst ständig in geometrischer Progression an und alle machen mit. Die Musik, die sich früher ganz gesittet auf einer Kassette im Rekorder befand, muss heute täglich neu und tausendfach „gestreamt“ werden.
Langer Rede kurzer Sinn: Wir alle unterschätzen den enormen Ressourcen-Verbrauch unseres digitalen Handelns, sagt kein Geringerer als die Umweltorganisation Greenpeace. Dies bestätigt die französische Non-Profit-Organisation „The Shift Project“ mit der Abschätzung, dass die globale Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) schon heute für ungefähr 3,7 Prozent aller Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Das ist sage und schreibe mehr als das Doppelte der Emissionen durch die zivile Luftfahrt.
Allein die elektronischen Geräte wie Fernseher, Computer, Tablets oder Mobiltelefone, die in Deutschland unterwegs sind, verbrauchen jedes Jahr 47 Milliarden Kilowattstunden elektrische Energie, Tendenz immer weiter steigend. Darin enthalten sind auch die Kommunikationsnetze und Rechenzentren, die im Jahre 2017 allein 13,2 Milliarden Kilowattstunden aus den Stromnetzen gezogen haben, dies entspricht in etwa dem gesamten Verbrauch der Hauptstadt Berlin.
Damals gab es „nur“ 53.000 Rechenzentren in Deutschland. Eine gewisse Konzentration derer ist in Frankfurt am Main zu verzeichnen, da sich dort der Hauptsitz des „Deutschen Commercial Internet Exchange“ (DE-CIX) befindet, das ist ein ganz besonderer Internetknotenpunkt. Diese Rechenzentren verbrauchen circa 20 Prozent der elektrischen Energie der Stadt und haben damit das Frankfurter Flughafendrehkreuz hinter sich gelassen.
Die totale Digitalisierung zerfrisst unsere Ressourcen
Nahezu 80 Prozent des globalen Datenverkehrs entfallen nach Angaben von The Shift Project auf das Streaming von Videos. Allein daraus ergaben sich in 2018 so viel CO2-Emissionen wie in ganz Spanien. Schlimmer noch als deren Produzenten mit 45 Prozent verursachten die Verbraucher mit 55 Prozent diesen enormen Energieumsatz.
Jedes Jahr nimmt die Anzahl der Smartphones weltweit um 11 Prozent zu, stellte das The Shift Project in seinem aktuellen Bericht fest. Im Übrigen ist auch jedes neue Feature mit zusätzlichem Energieverbrauch verknüpft. Gemäß einer kürzlichen Umfrage durch die Landesmedienanstalten bevorzugen Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren gegenüber dem Fernseher ihr Smartphone, um Videos lieber zu streamen.
Besonders viel Energie ist für das Hochladen von Fotos beispielsweise auf Instagram erforderlich, aber auch das Versenden von E-Mails oder der Musik-Stream via Spotify steht dem in nichts nach. Anders als bei der WLAN-Verbindung oder bei einem kabelgebundenen Internetzugriff werden mobile Daten erst einmal zu einem Mobilfunkmast gesendet. Die kurze „Lebensdauer“ der Smartphones verschlingt zudem riesige Ressourcen. Nicht das die Geräte so schnell kaputtgehen, es ist vielmehr der irrwitzige Drang, immerzu den „neuesten Schrei“ in der Hand halten zu wollen, der uns als Person eben nicht aufwertet, sondern am Ende unsere Welt zerstört.
Bis zum Jahre 2025 rechnet das „Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit“ in Europa mit circa 1,7 Milliarden vernetzten Haushaltsgeräten. Der allein daraus resultierende Mehrverbrauch wird größenordnungsmäßig um die 70 Terawattstunden pro Jahr ausmachen. Dies entspricht dem Jahresstromverbrauch aller privaten Haushalte in Italien.
Mithilfe von Kryptowährungen wie Bitcoin werden Finanztransaktionen auf Grundlage des Blockchain-Prinzips schnell und sicher abgewickelt. Jeder einzelne Prozess erfordert aber Unmengen an Energie. Ein interdisziplinäres Forschungsteam der TU München schätzte in 2019 den jährlichen Stromverbrauch für die „Bitcoin-Währung“ auf knapp 46 Terawattstunden im Jahr. Diese Energiemenge lässt sich direkt in 22 Megatonnen Kohlendioxid übersetzen, eine beschämende CO2-Bilanz, die den Städten von Hamburg und Las Vegas entspricht.