Das Ziel wurde von der Bundesregierung klar formuliert: Bis zum Jahre 2030 sollen mindestens 65 Prozent des Stromverbrauchs aus erneuerbarer Energie erzeugt werden, wobei die an Land produzierte Windenergie weiterhin eine zentrale Rolle spielt. In einer Analyse der „Fachagentur Windenergie an Land“ ist nachzulesen, dass in 2019 in manchen Bundesländern keine einzige neue Windenergieanlage errichtet wurde. Fördergelder für Windkraftanlagen werden derzeit kaum noch beantragt. Woran liegt das und könnte dieser Umstand die Energiewende in Deutschland gefährden?
Ausbaukrise bei der Onshore-Windenergie
Die Energiewende sieht vor, Kohle, Heizöl, Gas und Atomkraft nach und nach durch erneuerbare Energieträger zu ersetzen. Bis 2022 soll auch noch das letzte Kernkraftwerk abgeschaltet werden und bis zum Jahre 2038 soll der vollständige Kohleausstieg vollzogen sein. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, 2030 einen Anteil der erneuerbaren Energiequellen an der Stromproduktion von 65 Prozent zu erreichen. Der Energieverband BDEW hat vorgerechnet, dass dieser Anteil im ersten Halbjahr von 2019 bereits bei immerhin 44 Prozent lag.
Doch nun, gemeint ist das erste Dreivierteljahr von 2019, scheint der Ausbau der Windenergie an Land zu stagnieren. Die „Fachagentur Windenergie an Land“ analysierte, dass im genannten Zeitraum nur noch 150 Windenergieanlagen, deren Gesamtleistung 514 MW ausmacht, ans Stromnetz angeschlossen wurden. In den vorangegangenen fünf Jahren wurde ein solcher Leistungszuwachs schon jeweils im ersten Quartal erreicht. Damit liegt die Neuanlagenleistung in 2019 um gut 80 Prozent unterm Durchschnitt der letzten vier Jahre.
In mehreren Bundesländern wurden keine neuen Windräder mehr aufgestellt
Niedersachsen war dieses Jahr mit 36 Windturbinen noch recht emsig bei der Umsetzung der Energiewende dabei. Nordrhein-Westfalen und Brandenburg lagen mit 21 Stück beziehungsweise 19 Stück noch im vorderen Mittelfeld. Bayern enttäuschte mit nur zwei neuen Windkraftanlagen. Das Saarland und die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen beteiligten sich gar nicht mehr am Zubau.
Gründe der Ausbaukrise
Es fehlt vor allen Dingen an Flächen und die Genehmigungsverfahren sind, nicht zuletzt wegen der zunehmenden Klagefreudigkeit von Anwohnern und Naturschützern, viel zu mühselig und langwierig. Als Gegenargument wird immer mehr der Artenschutz ins Feld geführt, dabei geht es insbesondere um bedrohte Vogel- und Fledermausarten. Zur traurigen Berühmtheit wurde auf diese Weise der seltene Rotmilan, denn unser Naturschutzgesetz verbietet nicht nur das Töten seltene, geschützter Tiere, sondern auch deren Störung.
Der Bundesverband Windenergie deckte neulich auf, dass zurzeit ungefähr 11.000 Megawatt Leistung in Genehmigungsverfahren feststecken. Auch für die Onshore-Anlagen dauert die Genehmigung dieser elektrischen Leistung bis zu fünf Jahre und wird voraussichtlich Kosten von mehreren 100.000 Euro verschlingen. Hinzu kommen noch in etwa 4.000 Megawatt, die deshalb blockiert werden, weil deren vorgeschriebener Abstand zu Drehfunkfeuern der Flugsicherung etwas knapp bemessen wurde. Gegen weitere 800 Megawatt, die schon genehmigt wurden, sind jetzt Klagen anhängig.
Gut gemeint bedeutet noch lange nicht gut sein
Anfang September 2019 fand ein Windkraftgipfeltreffen statt, an dem auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) teilnahm. Dies nahm er zum Anlass, anzukündigen, gemeinsam mit den Ländern ein Maßnahmenpaket zu schnüren, damit der schleppende Ausbau der Onshore-Windkraft endlich wieder in Schwung kommt. Dabei wird es gewiss um Flächenausweisungen gehen und darum, die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen.
Trotzdem sieht die aktuelle Planung der Koalition vor, dass es keine neuen Windkraftanlagen in geringeren Abständen als 1.000 Meter bis zum nächsten Wohngebäude mehr geben wird. Alte Windräder sollen zudem durch neue, leistungsstärkere Anlagen ersetzt werden und für eine bessere Akzeptanz sollen die Kommunen zukünftig finanziell mehr von den Windparks profitieren.
Der Umweltverband WWF bezeichnete die Situation kürzlich als Zusammenbruch des deutschen Windenergie-Ausbaus. Der Leiter des Fachbereichs Klimaschutz und Energiepolitik des WWF Deutschland, Michael Schäfer, findet es verheerend, dass kein Geringerer als die Bundesregierung höchst selbst mit der neuen Abstandsregelung neue Hürden gegen die Windkraft hochzieht, anstatt die bestehenden endlich abzubauen. Schäfer erläutert weiter, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien einen Grundpfeiler des Klimaschutzes darstellt, nicht nur bei der Stromerzeugung, sondern auch beim Verkehr, in der Industrie und bei der Heizung unserer Gebäude.