Windräder gehören heute ganz selbstverständlich ins Landschaftsbild, manche stoßen sich noch immer daran und lehnen dennoch Kernkraftwerke ab. Aber was passiert eigentlich mit den Turbinentürmen, wenn sie ausgedient und ihr Leben ausgehaucht haben? Irgendwann muss jede Maschine mal entsorgt werden. Die Windenergieanlagen der ersten Generation betrifft das jetzt. Dies löste nun eine neue Hiobsbotschaft für die deutsche Energiewende aus, denn ausgerechnet das Umweltbundesamt (UBA) sieht große Probleme bei der Entsorgung ausgedienter Rotoren.
Zu Beginn des Jahres 2018 wies der in Deutschland führende Entsorgungskonzern Remondis darauf hin, dass die Windkraftbranche vor einem nicht gelösten Entsorgungsproblem steht. Der Geschäftsführer Herwart Wilms beklagte, dass in den Subventionen für die Windkraft nicht ein einziger Euro für das Recycling der verwendeten Materialien vorgesehen wurde. Dies betrifft vor allem die mit Kohlenstoff- und Glasfasern verstärkten Kunststoffe für die Rotorblätter. Deren Aufbereitung ist heute unter ökonomischen Gesichtspunkten noch nicht möglich.
Hermann Albers, der Präsident des Bundesverbandes Windenergie (BWE), entgegnete damals beschwichtigend, dass es sehr wohl etablierte Recyclingverfahren für derartige Verbundstoffe gibt, da wir seit Jahrzehnten durch Auto- und Flugzeugbau mit diesem Problem konfrontiert sind.
Keine Entwarnung an der Entsorgungsfront
Das Umweltbundesamt steht den erneuerbaren Energien gewiss nicht feindlich gegenüber und hat sich dem Recyclingproblem der Windkraftbranche dennoch in einer 250-seitigen Studie angenommen. Darin wird ausgewiesen, dass in den kommenden Jahren viele Windräder der ersten Generationen ihre bis zu 30-jährige Lebensdauer überschreiten mit der Folge, dass gleich mehrere Tausend Tonnen Rotorblattschrott anfallen werden. Allein im Jahre 2021 werden über 50.000 Tonnen GFK-Verbundwerkstoffe zur Entsorgung anstehen. In späteren Jahren werden die Abfallberge bis auf 70.000 Tonnen pro Jahr anwachsen.
Die meisten Rotorblätter bestehen aus glasfaserverstärkten Kunststoffen, das heißt, Glasfasern bauen das Stützgerüst auf und mit einem Harz werden die Flächen ausgefüllt. Bei der üblichen Müllverbrennung entwickeln die Harze toxische Gase, die kaum herausgefiltert werden können, und die schmelzenden Glasfasern verstopfen die Verbrennungsanlage. So aufgeschreckt arbeiten Wissenschaftler nun an neuen Verfahren zur Wiederverwertung solcher Verbundstoffe.
Es liegt aber auch an den Betreibern von Windkraftanlagen, die mitnichten selbst daran gedacht haben, Geld für den Rückbau und für das Recycling ihrer Anlagen zurückzulegen. Laut der Studie wird für das Jahr 2038 eine Finanzierungslücke von 300 Millionen Euro mit Blick auf die Entsorgungskosten prognostiziert.
Die Wirtschaft kippt
Zudem leiden die Anlagenhersteller gerade jetzt (2019) unter einem drastischen Einbruch in den Auftragsbüchern. Der Hauptgrund dafür ist die zunehmende Zahl anhängiger Klagen durch Anwohner oder Naturschützer, die die Genehmigungsverfahren für neue Windparks nicht nur in ungewisse Längen ziehen, sondern zugleich auch völlig unkalkulierbar machen. So kann Marktwirtschaft nicht funktionieren. In der Folge kommt es in letzter Zeit in dieser Branche zu Entlassungen und Betriebsschließungen.
Erst vor wenigen Wochen machte die Windkraftbranche auf einem Windgipfeltreffen im BMWi deutlich, was zu tun sei, damit die Ausbauzahlen endlich wieder das für die Energiewende angestrebte Niveau erreichen:
- Deutlicher Bürokratieabbau
- Vernünftiger Umgang mit Artenschutzauflagen
- Kürzere Klagewege beziehungsweise Reduktion der Anzahl der Gerichtsverfahren
Gefragt ist also auch die Vernunft der Juristen, falls das möglich ist. Doch die Fachbehörde des Bundesumweltministeriums, das UBA, stellt zurzeit völlig kontraproduktive Forderungen auf. Es will mehr Auflagen und mehr Bürokratie und höhere Rückstellungen für den Anlagenrückbau. Dabei sollen die Berechnungsgrundlagen für die Rücklagen einer permanenten Überprüfung unterzogen werden, indem unabhängige Sachverständige darüber wachen sollen, ob die Rücklagen dem jeweiligen Stand der Technik und damit dem Erwartungswert der Kosten entsprechen.
Das UBA darf die Rückbauprobleme nicht ignorieren
Die relativ hohe elektrische Leitfähigkeit von CFK-Stäuben kann in einer Verbrennungsanlage Kurzschlüsse, Stromausfälle und Brände auslösen. Ab 650 Grad Celsius können Karbonfasern unter Sauerstoffzufuhr lungengängige Teilchen ausbilden. Diese sind hinsichtlich des Lungenkrebsrisikos vergleichbar mit Asbestfasern. Aus diesem Grunde muss das Umweltbundesamt besonders strenge Regeln für den Rückbau von Windenergieanlagen einfordern.
Das sogenannte Downcycling ist in diesem Fall deshalb keine Option, weil dabei die Faserwerkstoffe lediglich zu Schnipseln geschreddert werden, um sie für andere Produkte wie Parkbänke oder Verkleidungsteile zu verwenden, was die schlussendliche Entsorgung nur etwas nach hinten verschieben würde.
Die bisherige Praxis sieht so aus, dass die tonnenschweren Betonfundamente nach dem Abriss eines Windrades einfach im Boden belassen wurden. Damit ist nun Schluss, wenn es nach dem Willen des Umweltbundesamtes geht. Auch die Rotorblätter einfach nur vor Ort auf dem platten Land mit der Flex zu zerkleinern, bedarf nach Einschätzung des UBA mit Blick auf die lungengängigen Karbonfasern klarer regulatorischer Arbeitsschutzvorgaben.
Fazit:
Die schon ohnehin arg in Bedrängnis geratene Windkraftbranche darf sich also auf eine ganze Reihe kostenintensiver Ökoauflagen gefasst machen und die Stromkunden dürfen davon ausgehen, dass alle zusätzlichen Kosten, wie immer, brav an sie weitergereicht werden.