Heliogen nennt sich verheißungsvoll ein US-Start-up, das es sich zum hehren Ziel gesetzt hat, auch besonders energieintensiven industriellen Anwendungen genügend Solarenergie zur Verfügung zu stellen. Gemeint sind hier tatsächlich Branchen wie die Stahl- und Aluminiumproduktion oder die Herstellung von Zement.
Zu den uneingeschränkten Unterstützern dieses Projekts gehört zum Beispiel Patrick Soon-Shiong. Der Arzt ist nicht nur Unternehmer im Bereich Biotechnologie, sondern zugleich auch noch der Eigentümer von „Los Angeles Times“. Des Weiteren ist an dieser Stelle der Microsoft-Gründer Bill Gates zu nennen, der weiß, dass industrielle Prozesse wie zum Beispiel die Zement- und Stahlherstellung für über 20 Prozent aller CO2-Emissionen verantwortlich sind. Doch die durch Heliogen entwickelte Technik ist ein sehr wichtiger Schritt auf dem Wege, endlich von den fossilen Brennstoffen wegzukommen.
Besonders energieintensive Branchen
- Im Jahre 2006 verschlang die Stahlindustrie in den OECD*-Ländern circa 12 Prozent des gesamten industriellen Endenergieverbrauchs. Zur Herstellung einer einzigen Tonne Stahl wird der Energiebetrag 20 Gigajoule beziehungsweise 5.600 Kilowattstunden benötigt. Beim Einschmelzen von Eisenschrott in einem Elektroschmelzofen sieht das mit 450 Kilowattstunden pro Tonne etwas moderater aus. Ungefähr 2/3 der Rohstahlproduktion erfolgte in jenem Jahr im Hochofen und 1/3 in Elektroschmelzöfen (Elektrostahl).
- Zement herzustellen ist wegen der erforderlichen Mahl- und Brennvorgänge ebenfalls sehr energieintensiv. Jede Tonne Zement erfordert eine Energie von ungefähr 3.600 Megajoule, das entspricht in etwa 1.000 Kilowattstunden.
- Das sogenannte Primäraluminium wird aus Aluminiumerzen, allen voran Bauxit, unter sehr hohem Energieaufwand von knapp 15 Megawattstunden pro Tonne hergestellt. Beim Sekundäraluminium handelt es sich um eingeschmolzenen Alu-Schrott, was sogar den größeren Teil der deutschen Aluminiumproduktion ausmacht. In diesem Fall kommen die Hersteller mit „nur“ 5 Prozent der Energie, die für die Produktion von Primäraluminium gebraucht wird, aus, was aber immer noch 750 Kilowattstunden pro Tonne sind, also mehr als beim Einschmelzen von Eisen.
* Die internationale „Organisation for Economic Co-operation and Development“ (OECD), auf Deutsch „Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (OWZE), fühlt sich der Demokratie und zugleich der Marktwirtschaft verpflichtet. Zurzeit beteiligen sich 36 Mitgliedsstaaten daran.
Und so wird es gemacht
Etwas nördlich von Los Angeles hat Heliogen bei Lancaster eine Solaranlage der besonderen Art aufgebaut, denn dort wird das Sonnenlicht derart konzentriert, dass Elektroöfen damit eine Hitze von mehr als 1.000 Grad Celsius entwickeln können. Die ganze Anlage umfasst knapp 30 Hektar, es gibt einen Turm und 70 Spiegel, die als Heliostaten bezeichnet werden. Sie reflektieren das gebündelte Sonnenlicht auf den Turm zurück. Durch künstliche Intelligenz (KI) werden die Spiegel via Computer ausgerichtet und ständig nachgesteuert.
Solare Turmkraftwerke sind technisch keine absolute Neuheit, doch bislang wurden dort Temperaturen von „nur“ 570 Grad erreicht, was zur Stromerzeugung mehr als ausreichend ist, aber eben nicht für industrielle Prozesse. Die Heliogen-Anlage kann sogar Temperaturen bis 1.500 Grad Celsius erreichen. Dies ist beispielsweise zur Erzeugung von Synthesegas erforderlich, das wiederum zur Herstellung von synthetischem, kohlendioxidneutralem Treibstoff benötigt wird.
Solares Kerosin aus Wasser, Kohlendioxid und Sonnenlicht
In 2019 ist eine große SUN-to-LIQUID-Anlage in der Nähe von Madrid in Betrieb gegangen. Daran beteiligt ist kein Geringerer als das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Die Philosophie des Projekts sieht vor, konzentrierte Solarenergie zur Synthese von flüssigem Treibstoff aus Wasser und Kohlendioxid zu verwenden. Es handelt sich bei diesem Prozess quasi um eine Umkehrung der Verbrennung, die normalerweise nur in einer Richtung, nämlich unter Zunahme der Entropie, ablaufen kann. Doch mittels des thermochemischen Hochtemperaturkreisprozesses kann der Physik sozusagen ein Schnippchen geschlagen werden.
Der Weg vom fossilen zum erneuerbaren Kraftstoff war und ist eine echte Herausforderung, die wir meistern müssen, wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen. Das von der Schweiz und der Europäischen Union geförderte SUN-to-LIQUID-Projekt hat bewiesen, dass die Herstellung von solarem Kerosin funktioniert. Das lässt hoffen.